Biomarker für verbesserte Krankheitsprognose und Therapie

Trotz großer Fortschritte in der MS-Forschung und -Behandlung sind prognostische und prädiktive Marker für eine optimale und individuelle Behandlungsauswahl, eine umfassende Beurteilung des Therapieansprechens und der Therapierisiken noch weitgehend im Dunkeln. Besonders angesichts einer gestiegenen Anzahl verfügbarer Behandlungsoptionen sind individuellere Therapieentscheidungen und bessere Instrumente für Monitoring und Prognose aber unbedingt erforderlich.

Im Konsortium Prognostic and Treatment markers arbeiten Forscher daran, immunologische und bildgebende Merkmale als Marker für Prognose, Behandlungserfolg und Behandlungsrisiken zu definieren. Dafür nutzen die fünf Teilprojekte die im KKNMS Netzwerk gesammelten Bioproben und MRT-Bilddaten.

1. ImmuneMS

Das Projekt ImmuneMS untersucht das Immunzellprofil von Patienten mit früher MS und vergleicht es mit gesunden Kontrollen sowie Patienten mit anderen neuroimmunologischen Erkrankungen. Die Forscher wollen so herausfinden, ob es MS-spezifische Veränderungen im Immunzellprofil gibt und ob diese mit etablierten Parametern der Krankheitsaktivität (z.B. Vorhandensein von Gadolinium anreichernden Läsionen, T2 Läsionslast, Schubrate und EDSS Progression) korrelieren. Zudem sollen mögliche Marker identifiziert werden, die zur Vorhersage für klinische Stabilität bzw. Krankheitsprogression dienen können. Die Forscher interessieren sich außerdem für mögliche Prädiktoren für ein gutes Therapieansprechen und deren Korrelation mit etablierten diagnostischen und therapeutischen Markern. Die Veränderungen des Immunzellprofils werden außerdem im zeitlichen Verlauf beobachtet: Sind sie gleichbleibend oder entwickeln sie sich in Abhängigkeit von der Krankheitsaktivität? Können Änderungen im Immunzellprofil identifiziert werden, die auf ein späteres Therapieversagen schließen lassen? Die Wissenschaftler werfen auch einen Blick auf die genetischen Faktoren, welche die Immunsignatur beeinflussen könnten.

Das Projekt ImmuneMS wird an der Universität Münster von den Wissenschaftlern Prof. Dr. Heinz Wiendl, PD Dr. Luisa Klotz und Dr. Catharina C. Groß durchgeführt.

2. MSNetworks

Bisher ist wenig über die Netzwerkarchitektur des Gehirns von MS-Patienten bekannt. Deren Muster könnten jedoch vielversprechende Marker für Krankheitsaktivität, Prognose und Therapieansprechen sein. Das MRT-Signatur-Projekt MSNetworks untersucht daher, wie Aspekte der MS in der Netzwerkarchitektur des Gehirns wiedergespiegelt werden. Ziel ist die Charakterisierung der Netzwerkstrukturen der weißen und grauen Substanz und die Identifikation von Surrogaten für den Krankheitsverlauf, die Prognose und das Ansprechen auf eine Behandlung der Multiplen Sklerose. Dafür werden Algorithmen aus MRT-Daten der KKNMS-Kohorte sowie lokaler Kohorten der Universität Mainz abgeleitet und validiert.

MSNetworks wird von Prof. Dr. Frauke Zipp, Prof. Dr. Sergiu Groppa und Dr. Felix Lüssi an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz durchgeführt.

3. BIginMS

Das Teilprojekt BIginMS untersucht die Rolle und Relevanz von B Zellen und spezifischen Antikörpern als Marker für MS Phänotypen, Prognose und Therapieansprechen.

Das Forscherteam um Prof. Dr. Meinl (Universität München) hat in der vergangenen Förderperiode zwei lösliche Rezeptoren identifiziert, sBCMA und sTACI, die von B-Zellrezeptoren im Liquor von MS-Patienten erhöht sind. Nun fokussieren sie sich darauf herauszufinden, ob diese zwei neuen Biomarker als Prognosefaktoren und Indikatoren für das Therapieansprechen genutzt werden können.

Die Forscher verfolgen außerdem ein anderes Ergebnis aus der letzten Förderperiode weiter: Sie konnten feststellen, dass Autoantikörper gegen MOG, die vermutlich eine demyelinisierende Wirkung haben, nicht nur bei einigen Kindern mit MS und erwachsenen Patienten mit Optikusneuritis und NMO-Spektrumerkrankungen vorkommen, sondern auch bei einem kleinen Anteil von Erwachsenen mit schubförmiger MS. Sie wollen nun die klinischen Merkmale der Patienten mit MOG-Antikörpern identifizieren und deren Therapieansprechen klinisch analysieren.

Das Projekt wird an der Universität München durchgeführt und von Prof. Dr. Edgar Meinl und Prof. Dr. Reinhard Hohlfeld geleitet.

4. ProgramMS

Alemtuzumab ist ein monoklonaler Antikörper, der zur schnellen und nahezu vollständigen Entfernung von T- und B-Lymphozyten aus dem Blut führt. Im Anschluss an die Behandlung bilden sich diese ausgehend von Vorläuferzellen wieder neu. Während dieser Neubildung verschiebt sich das Gleichgewicht im Immunsystem hin zu entzündungshemmenden Zellen und Faktoren, so dass das Immunsystem „reprogrammiert“ wird. In den Zulassungsstudien wies Alemtuzumab eine hohe Effektivität in der Behandlung der schubförmigen MS auf. Die Effekte der Behandlung dauern über mehrere Jahre hinweg an, was angesichts wesentlicher Nebenwirkungen große Anforderungen an Patienten und Ärzte stellt. Die Immunmechanismen, die den Wirkungen und Nebenwirkungen von Alemtuzumab zugrunde liegen sind allerdings noch weitestgehend unbekannt. Das Projekt ProgramMS beabsichtigt daher, diese Mechanismen weiter aufzuklären, um Strategien und Signaturen zu identifizieren, die zur Vorhersage der Effektivität und des Risikos der Alemtuzumabtherapie dienen und letztendlich zu einer Verbesserung der Wirkung und Sicherheit des Medikaments führen können.

ProgramMS ist ein Kooperationsprojekt zwischen den Universitäten Münster und Heidelberg. Es wird durchgeführt von Prof. Dr. Dr. Sven Meuth, Prof. Dr. Heinz Wiendl. Dr. Tobias Ruck und Prof. Dr. Brigitte Wildemann.

5. ReboundMS

Bei Umstellung der Behandlung von Natalizumab oder Fingolimod auf ein anderes MS-Therapeutikum kann es während der Auswaschphase zum Wiederauftreten klinisch und radiologisch messbarer Krankheitsaktivität kommen. Die Ursachen für diesen sogenannten „Rebound“ sind unbekannt – insbesondere fehlen geeignete Biomarker, die frühzeitig die Erkennung gefährdeter Patienten ermöglichen. Das Projekt ReboundMS will daher die T und B Zell Stabilität und Immunreaktivität kurz vor Beendung der MS-Immuntherapie als auch während der Auswaschphase und kurz nach Beginn mit dem neuen Medikament untersuchen.

Das Projekt wird geleitet von Prof. Dr. Brigitte Wildemann (Universität Heidelberg), mit Unterstützung von PD Dr. Jürgen Haas (Universität Heidelberg), Prof. Dr. Hayrettin Tumani (Universität Ulm), Prof. Dr. Frauke Zipp, Prof. Dr. Heinz Wiendl und Prof. Dr. Dr. Sven Meuth (beide Universität Münster). Die Patientenrekrutierung erfolgt multizentrisch in Heidelberg, Münster, Ulm und Mainz.

Das Konsortium Prognostic and Treatment markers wird von Prof. Dr. Heinz Wiendl (Universität Münster), zusammen mit Prof. Dr. Frauke Zipp (Universität Mainz) und Prof. Dr. Reinhard Hohlfeld (Universität München) geleitet.