31.01.2025 – Stellungnahme des Ärztlichen Beirates der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. (DMSG-BV) und des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS) verfasst von der AG Sicherheitsaspekte neuer Therapien: Informationen für MS-Erkrankte zum Thema „Wechsel der anti-CD-20 Antikörper-Therapien untereinander – horizontaler Therapiewechsel“.
Mittlerweile stehen für die Therapie der Multiplen Sklerose (MS) eine Reihe gegen CD-20 gerichtete B-Zell depletierende Antikörper zur Verfügung. Einige der Substanzen werden intravenös verabreicht (Ocrelizumab i.v. [Ocrevus®], Rituximab [off label, z.B. MabThera®, Rixathon®, Truxima®], Ublituximab [Briumvi®]), andere werden subkutan verabreicht (Ocrelizumab s.c. [Ocrevus®], Ofatumumab [Kesimpta®]).
Gelegentlich stellt sich eine Indikation für einen sogenannten horizontalen Therapiewechsel, das heißt die Umstellung von einem B-Zell depletierenden Medikament auf ein anderes, insbesondere aus Applikationsgründen. In diesem Kontext wird gelegentlich statt einer erneuten Eindosierung des neuen B-Zell depletierenden Medikamentes (mit in der Regel anfangs häufigerer Applikation) sofort die Erhaltungsdosis verabreicht. Aus der Perspektive der MS-Therapie und B-Zell-Depletion ist dieses Vorgehen medizinisch nachvollziehbar und sinnvoll, insbesondere bei bereits länger bestehender Therapie. Aus Sicht der Patienten ist dies vielfach ebenfalls gewünscht, um eine häufigere Applikation in der Eindosierungsphase umgehen zu können.
Nichtsdestotrotz soll an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass sich die jeweiligen Antikörper in ihrer Struktur sowie auch dem Glykosylierungsmuster geringfügig voneinander unterscheiden und das insofern bei Applikation eines anderen B-Zell depletierenden Medikamentes prinzipiell die Möglichkeit einer allergischen oder auch Infusionsreaktion gegeben ist, auch wenn das vorherige Präparat gut vertragen wurde. Für eine sichere Begleitung der Erstgabe des neuen Medikaments in der Erhaltungsdosis wird eine mindestens 1-stündige Überwachung des Patienten und ggfs. der Einsatz begleitender Medikamente (Antihistaminikum, Prednisolon und evtl. Paracetamol) empfohlen.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ein Auslassen der Eindosierungsphase einer off Label-Nutzung entspricht, ist es wichtig, dass die Patienten umfassend über diesen Sachverhalt aufzuklären sind und deren Einverständnis für dieses Vorgehen einzuholen ist. Zusätzlich ist zu erwähnen, dass keine direkt vergleichenden Studien oder indirekte Vergleiche zur Wirksamkeit und Sicherheit der CD-20 gerichteten B-Zell depletierenden Antikörper in der Indikation MS vorliegen.
Autoren der AG Sicherheitsaspekte neuer Therapien des Ärztlichen Beirats der DMSG, Bundesverband e.V.
- Prof. Dr. med. Luisa Klotz (Federführung), Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster
- Prof. Dr. med. Antonios Bayas, Klinik für Neurologie und klin. Neurophysiologie, Universitätsklinikum Augsburg
- Prof. Dr. med. Fedor Heidenreich, Neurologische Ambulanz, International Neuroscience Institute Hannover GmbH
- Prof. Dr. med. Kerstin Hellwig, Neurologische Klinik der Ruhr-Universität Bochum am St. Josefs-Hospital / Neurologische Gemeinschaftspraxis Giehl Hellwig, Castrop-Rauxel
- Prof. Dr. med. Ingo Kleiter, Behandlungszentrum Kempfenhausen für MS-Kranke, Berg
- Prof. Dr. med. Tania Kümpfel, Institut für Klinische Neuroimmunologie, LMU Klinikum München
- Prof. Dr. med. Clemens Warnke, Zentrums für Angewandte Neuroimmunologie Marburg (ANIMA), Universitätsklinikum Gießen und Marburg
KKNMS
Das Krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) ist eines von bundesweit 21 Kompetenznetzen in der Medizin, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung initiiert wurden. Sie alle verfolgen das Ziel, Forscher zu spezifischen Krankheitsbildern bundesweit und interdisziplinär zu vernetzen, um einen schnellen Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis zu ermöglichen. Der Fokus der aktuellen KKNMS-Projekte liegt auf der langfristigen Verbesserung der MS-Diagnose, -Therapie und -Versorgung. Die Geschäftsstelle ist am Universitätsklinikum Münster angesiedelt.
Ansprechperson für die Medien
Krankheitsbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose
Leitung der Geschäftsstelle: Dr. Zoë Hunter
info@kkn-ms.de
www.kompetenznetz-multiplesklerose.de
DMSG, Bundesverband e.V.
1952/1953 als Zusammenschluss medizinischer Fachleute gegründet, vertritt die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) die Belange Multiple Sklerose Erkrankter und organisiert deren sozialmedizinische Nachsorge. Die DMSG mit Bundesverband, 16 Landesverbänden und etwa 800 örtlichen Kontaktgruppen ist eine starke Gemeinschaft von MS-Erkrankten, ihren Angehörigen, fast 4.000 ehrenamtlichen Helfern und 276 hauptberuflichen Mitarbeitern. Insgesamt hat die DMSG fast 43.000 Mitglieder. Mit ihren umfangreichen Dienstleistungen und Angeboten ist sie heute Selbsthilfe- und Fachverband zugleich, aber auch die Interessenvertretung MS-Erkrankter in Deutschland. Schirmherr des DMSG-Bundesverbandes ist Christian Wulff, Bundespräsident a.D.
Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems (Gehirn und Rückenmark), die zu Störungen der Bewegungen, der Sinnesempfindungen und auch zur Beeinträchtigung von Sinnesorganen führt. In Deutschland leiden nach neuesten Zahlen des Bundesversicherungsamtes mehr als 250.000 Menschen an MS. Trotz intensiver Forschungen ist die Ursache der Krankheit nicht genau bekannt.
MS ist keine Erbkrankheit, allerdings spielt offenbar eine genetische Veranlagung eine Rolle. Zudem wird angenommen, dass Infekte in Kindheit und früher Jugend für die spätere Krankheitsentwicklung bedeutsam sind. Welche anderen Faktoren zum Auftreten der MS beitragen, ist ungewiss. Die Krankheit kann jedoch heute im Frühstadium günstig beeinflusst werden. Weltweit sind schätzungsweise 2,8 Millionen Menschen an MS erkrankt.
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Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Ines Teschner
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